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"Stolpersteine" in Essen
2017
WAZ/NRZ, 20.06.2017 Gedenkstein für Karl Wolf
![]() WAZ/NRZ / Aus den Stadtteilen,Dienstag, 20.06.2017 Gedenkstein für Karl Wolf
Der Gewerkschafter und Sozialdemokrat aus Frohnhausen kam 1942 im KZ Sachsenhausen ums Leben. Bewegender Vortrag der Enkeltochter
Frohnhausen. Der Frohnhauser Karl Wolf, engagierter Sozialdemokrat und Gewerkschafter, gehört in Essen zu den bekanntesten Opfern des Nazi-Terrors. Am 5. Juli wird Künstler Gunter Demnig zum Gedenken an ihn vor dem ehemaligen Wohnhaus des Funktionärs an der Hurterstraße 5 einen Stolperstein aus Messing in den Gehweg einlassen. Die SPD Frohnhausen lud nun Wolfs 75-jährige Enkelin Edith Neumann ins örtliche Awo-Büro zum Vortrag über den Großvater. „Bis zum Jahre 1933 waren Karl Wolf und seine Frau sowie die Kinder eine fröhliche, gesellige und aufgeschlossene Familie. Mit dem Machtantritt der Nazis begann für ihn eine Zeit der Leiden und Verfolgung“, berichtet Edith Neumann. Sie selbst hat ihren Großvater persönlich nie kennengelernt. Als er schließlich am 12. März 1942 im Konzentrationslager Sachsenhausen starb – höchstwahrscheinlich ermordet – da war sie gerade einmal einen Monat alt. Aus zahlreichen Familienerzählungen, Unterlagen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Rechercheergebnissen des Studenten Seckin Söylemez, eigenen Internet-Ergebnissen und anderen Quellen hat sie möglichst viele Details zum Schicksal des Großvaters zusammengetragen.
Als die Nazis drohten, den ältesten Sohn Karl Wolfs in „Schutzhaft“ zu nehmen, stellte er sich freiwillig. Doch das Damoklesschwert schwebte trotzdem über den Kindern des Funktionärs. „Meine beiden Eltern waren auch in der SPD. Ein Polizist entdeckte die Unterlagen und flüsterte meiner Mutter zu, diese schnell verschwinden zu lassen“, berichtet Edith Neumann vom Tag der Verhaftung ihres Großvaters. „Erschwerend“ kam für ihre Eltern hinzu, dass auch ihr Vater Gewerkschaftsmitglied war – eine Verhaftung mit Verhör wäre ihm wohl sicher gewesen. „Es gab aber auch in dieser Zeit beherzte Menschen, die sich selbst in Gefahr brachten, um andere zu warnen und damit oft zu retten“, sagt Edith Neumann. Denunziert vom Vorarbeiter Seine Gesinnung konnte oder wollte er jedoch nicht verbergen. Nachdem ihn sein Vorarbeiter denunziert hatte, begann für Wolf ein Martyrium, das ihn schließlich ins KZ Sachsenhausen führte. Dort, so schilderte ein Mitgefangener im Jahr 1965, habe er andere Häftlinge abtransportieren müssen, die per Genickschuss ermordet worden waren. Wie Wolf selbst genau ums Leben kam, ist nicht bekannt. Die Familie hielt das Andenken lebendig, die Witwe Hedwig Wolf lief sich nach dem Krieg buchstäblich die Hacken ab, um als Geschädigte des Nazi-Terrors anerkannt zu werden. Sie starb 1954 – noch bevor ihr Mann als Opfer eingestuft worden war. Edith Neumann: „Bei uns zuhause wurde viel über die Nazi-Zeit und das Schicksal meines Großvaters gesprochen. Aber nicht in einem heroischen Sinn – er war ein Mensch, der einfach unheimlich viel gelitten hat.“ SPD veranlasst die Verlegung von zwölf Stolpersteinen
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2016
WAZ/NRZ, 30.12.2016 Stolpersteine erinnern an Familie Strauß
![]() WAZ/NRZ / Essen,Freitag, 30.12.2016 Stolpersteine erinnern an Familie Strauß
Das Haus an der Weiglestraße ist verschwunden, doch nun gibt es ein spätes Gedenken an die jüdischen Eheleute, die dort einst lebten. Ihre Tochter (89) kam zu diesem Anlass in ihre frühere Heimatstadt
Else Möller war elf Jahre alt, als sie ihre Heimatstadt Essen verlassen musste: Ihre Eltern setzten sie in einen Zug nach Malmö, wo sie bei Verwandten unterschlüpfen sollte. „Ich dachte, dass ich in Schweden gar nicht zur Schule gehen muss, weil meine Eltern bald nachkommen und wir dann alle zusammen in die USA auswandern.“ Das war 1939. Else Möller, geborene Strauß, hat ihre Eltern nie wieder gesehen.
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme und dem Boykott jüdischer Geschäfte 1933 änderte sich das Leben für das Ehepaar und die beiden Kinder völlig. Arnold Strauß wurde vor seinem Geschäft zusammengeschlagen, so schwer, dass er sich von den körperlichen und psychischen Folgen nicht mehr erholen sollte. Die Familie musste ihr Geschäft verkaufen, und Hedwig Strauß arbeitete als Vertreterin für Schokolade. Nach einer Operation im Elisabeth-Krankenhaus wäre sie beinahe gestorben, weil kein „Arier“ Blut für sie spenden durfte. Alles, was ihnen blieb, war die Hoffnung auf eine Flucht. Und so schickten sie 1939 ihren Sohn Martin auf einen Kindertransport nach Palästina, Tochter Else nach Schweden. Geplant war eine Familienzusammenführung in den USA, doch die von der amerikanischen Botschaft in Stuttgart ausgestellten Reisedokumente trafen nicht mehr rechtzeitig in Essen ein. Hedwig Strauß wurde 1941 nach Minsk verschleppt und galt seither als verschollen. Arnold Strauß kam ins Ghetto Lodz. „Er hat mir eine Karte nach Schweden geschickt, und ich habe geantwortet“, erzählt Else Möller. Doch ihre Post kam zu ihr zurück, mit einem Vermerk: „Empfänger verstorben“. Else lebte bei einer Tante: Sie war gerettet, aber Waise. Nun musste sie doch zur Schule gehen, obwohl sie kein Schwedisch sprach und so anders aussah als die anderen Kinder: „Ich trug Tornister und Lodenmantel; niemand sah so aus.“ So deutsch. Else Möller hat den Mantel und das Deutsche bald abgelegt; aber sie trägt bis heute einen Ring, den sie aus einer Brosche ihrer Mutter hat anfertigen lassen: „Meine Mutter hatte eine Schachtel mit Schmuckstücken an die Frau, die neben ihr in der Synagoge saß, gegeben.“ Und während das Schicksal ihrer Mutter ungeklärt blieb, meldete sich in den 1950er Jahren eine Frau aus Darmstadt bei Else Möller in Malmö: „Ich habe den Schmuck Ihrer Mutter.“ Ihr Schwager Leif Möller hat Elses Geschichte veröffentlicht; in seinem Buch findet sich auch ein Foto der Familie vor dem Haus in der Weiglestraße. Aber als Else Möller 1953 mit ihrem Mann nach Essen kam, um ihm das Haus zu zeigen, „war alles weg!“ Nun steht sie wieder an dieser traurigen Stelle, diesmal mit ihrer Tochter, die 1963 geboren wurde. Die Deutsch erst in der Schule lernte, weil die Sprache zu Hause tabu war. Während ihre 89-jährige Mutter gefasst bleibt, rinnen Karin Forsvall Tränen über die Wangen. Die Geschichte ihrer Eltern berühre sie immer aufs Neue. Sie schaut auf die Stolpersteine für ihre Großeltern: „Jetzt gibt es hier wenigstens ein Gedenken für sie.“Bildunterschrift:
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WAZ, 21.11.2016 Leserbrief Polizei half nicht
![]() WAZ / Essen,Montag, 21.11.2016 Polizei half nicht
Werner Koschorreck, Essen |
WAZ/NRZ, 18.11.2016 Von Bürgerstolz und Vernichtung
![]() WAZ/NRZ / Essen,Feitag, 18.11.2016 Von Bürgerstolz und Vernichtung
Salomon Heinemann war erfolgreicher Jurist. In der Pogromnacht wurde sein Leben zerstört. Sein früheres Kanzleihaus soll auch an sein Schicksal erinnern
Dass er das Wesen dieses Hauses bewahrt, hat ihm der Denkmalschutz auferlegt, dass er an dessen Erbauer erinnert, hat Investor Albert Sevinc selbst entschieden. Und so lud der Düsseldorfer Architekt am Mittwochabend zur Erinnerungsfeier für Salomon und Anna Heinemann an die Zweigertstraße 50 in Rüttenscheid. Dort erstrahlt ein aufwendig umgebauter Gebäudekomplex, der zahlreiche Büro- und Wohnräume beherbergt und dessen Herzstück das frühere Kanzleihaus Heinemann ist. 1865 wurde Salomon Heinemann in Essen geboren; als Sohn einer gutbürgerlichen jüdischen Familie machte er am Burggymnasium Abitur, studierte anschließend Jura, erwarb einen Doktortitel. Als zielstrebigen jungen Mann beschreibt ihn die Sozialwissenschaftlerin Kristin Platt an diesem Abend, und als so kunstsinnige wie großzügige Persönlichkeit. Bestrebt, „eine angesehene Wirtschaftskanzlei zu etablieren“, habe Salomon Heinemann sich für eine Adresse mitten im Essener Justizviertel entschieden. Als Architekten für sein modernes Kanzleihaus beauftragt er Edmund Körner, der auch die 1913 fertiggestellte (Alte) Synagoge entworfen hat.
Salomon Heinemann zählt auch zu den Gründungsmitgliedern des Folkwang Museumsvereins. Zu jenen Essener Bürgern also, die 1922 den Ankauf der Sammlung Osthaus ermöglichen, den Grundstein für das Museum Folkwang legen. Doch mit der NS-Machtergreifung gibt Heinemann alle öffentlichen Ämter auf. Die Kanzlei kann er trotz Berufsverbots noch erhalten, weil sein dort beschäftigter Neffe christlich getauft ist. Seit 1933 kämpft das Ehepaar mit wachsender Ausgrenzung und existenziellen Sorgen. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November werden die beiden im Schlaf von SA-Männern überfallen, ihr Haus verwüstet. Zerstört wird auch die Kunstsammlung, die das kinderlose Paar seiner Heimatstadt hatte vermachen wollen. Nur Tage später wählen Anna und Salomon Heinemann den Freitod – sie gelten als erste Opfer unter den damals 2500 Essener Juden. Gedacht werden soll an sie nicht nur an diesem Abend: Eine Plakette erinnert die neuen Nutzer des alten Kanzleihauses an Verdienste und Schicksal der Heinemanns. Denkmalgeschütztes Ensemble in Rüttenscheid
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WAZ/NRZ, 19.11.2016 Nur die Tochter entkam den Nazis
![]() WAZ/NRZ / Aus den Stadtteilen,Samstag, 19.11.2016 Nur die Tochter entkam den Nazis
Die jüdische Familie Steuer aus dem Ostviertel hatte ihre Ausreise nach Marokko bis ins Detail geplant – vergeblich. Fünf Stolpersteine erinnern an ihre Geschichte
Ostviertel Im September 1939 war die Rettung für Familie Steuer so nah: Mutter, Vater und ihre drei Kinder hatten Ausreisepapiere, ein Durchreisevisum der deutschen Behörden und Plätze auf einem Schiff, das sie über Rotterdam nach Marokko bringen sollte. Das Schiff sollte jedoch ohne die Familie aus dem Ostviertel ablegen: Bis auf Tochter Anni überlebte den Zweiten Weltkrieg niemand. Nun werden Stolpersteine an das Schicksal der Familie Steuer erinnern, die an der Glashüttenstraße 13 lebte. Es war ihr letzter Wohnort in Essen, den sie freiwillig wählten. Nachzulesen ist das im Gedenkbuch der Alten Synagoge. Das ist eine der Quellen, die Birgit Hartings, beim Historischen Verein zuständig für das Gedenkstein-Projekt, für ihre Recherchen zu der Familengeschichte nutzte. Zu dieser gehört, dass Nathan Samuel Steuer vor dem Ersten Weltkrieg aus Polen nach Deutschland kam. Er nahm am Krieg teil und erhielt dafür sogar das Eiserne Kreuz. Vater arbeitet im Möbelgeschäft Dann kommt der Zeitpunkt, ab dem die drei in ihrer Straße nicht mehr mit nicht-jüdischen Kindern spielen dürfen. „Die besorgte und zugleich kluge Mutter konnte die Kinder zunächst vor Angriffen schützen, indem sie für ausreichende Freizeitbeschäftigung vornehmlich mit jüdischen Studien und Musik sorgte“, steht im Gedenkbuch. Das Familienleben endet jäh, als die Steuers 1938 nach Polen ausgewiesen werden, wo sie zunächst in einem Pferdestall leben („Polenaktion“). Mit der Erlaubnis, wieder nach Essen zurückkehren zu dürfen, wächst damals ihre Hoffnung, von dort aus ausreisen zu können. Die Flucht ist bis ins Detail geplant, als der Zweite Weltkrieg ausbricht. Der Vater wird beim Besuch der Schwestern in Gelsenkirchen verhaftet, nach Dachau deportiert und 1943 in Auschwitz ermordet. Tochter gelingt die Flucht Im September 1944 sterben Max (16 ) und sein 13-jähriger Bruder in der Gaskammer. Ihre Schwester entkommt bei der Räumung des Lagers, überlebt sogar den Todesmarsch und schließt sich einer deutschen Flüchtlingsgruppe an. „Geflohen/überlebt“, so steht es jetzt auf dem Stolperstein. Die Idee zu diesem Andenken hatte Annis Tochter, die in den USA lebt, wo ihre Mutter einst Zuflucht fand. Vorschläge und Spenden für Stolpersteine
Stolpersteine erinnern an 22 Schicksale Überlebende Else Strauss kommt aus Schweden Essener Stadtgebiet. 22 Stolpersteine für Opfer des NS-Regimes werden am Montag, 21. November, verlegt. Um 14.30 Uhr sind an der Turmstraße Oberbürgermeister Thomas Kufen und Hans Schippmann, Vorsitzender Historischer Verein, anwesend. Zu einigen Terminen kommen Angehörige sowie eine Überlebende. An der Turmstraße 17 werden Stolpersteine an Klara und Aron Leib Steuer erinnern. Klara Steuer gilt als eines der ersten Opfer der Euthanasie, sie wurde 1941 in einer Heilanstalt ermordet. Ihr Mann, ein selbstständiger Textilvertreter, starb 1942 im KZ Dachau. Ihre drei Kinder überlebten. Für Hedwig und Arnold Strauss (die ein Konfitürengeschäft in Altendorf betrieben) sowie die Kinder Martin und Else werden Steine an der Weiglestraße 14 verlegt. Dazu reist Else Strauss (89) aus Schweden an. Dorthin emigrierte sie 1939, ihr Bruder nach Palästina. Ihr Vater starb 1942 im Ghetto Lodz. Die Mutter wurde 1941 nach Minsk verschleppt und gilt seitdem als verschollen. Drei Steine wird es in Gedenken an ihre Tante Selma Herschmann und den Onkel Siegfried Willner geben, die 1942 in Izbica ermordet wurden. Ihre Cousine Lisel Herschmann überlebte in Palästina. Fünf Stolpersteine erinnern an Familie Kadden an der Gemarkenstraße 41. Während die Eltern (der Vater war Möbelvertreter) 1941 nach Minsk deportiert und ermordet wurden, überlebten die Kinder in Israel, Australien und Kanada. An der Moorenstraße 35 wird es ein Gedenken an das Ehepaar Rosenberg und deren Sohn geben, die 1939 in „letzter Minute“ nach Uruguay auswanderten. Die Eheleute lebten ab 1954 wieder in Essen.Bildunterschrift:
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WAZ, 18.11.2016 Stolpersteine in der Turmstraße
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Nazi-Opfer Aron Leib und Klara Steuer geb. Fahn wohnten dort zuletzt im Haus Nummer 17. Susan Sanders, Enkelin aus den USA, initiierte die Aktion
Westviertel. Nichts erinnert an dem Haus mit den beige-schwarzen Klinkern in der Turmstraße 17 daran, dass es der letzte, selbst gewählte Wohnsitz von Menschen war, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Das wird sich ändern. Und zwar am Montag, 21. November: Dann werden mit zwei Messing überzogene Stolpersteine in die rote Pflasterung eingelassen. Einer für Aron Leib Steuer. Und einer für seine Frau Klara Steuer geb. Fahn. In Essen kümmert sich der Historische Verein, und hier Birgit Hartings, um die Stolpersteine. „Vorschläge für Orte für Stolpersteine kann jeder machen“, sagt Birgit Hartings. Ob die Voraussetzungen vorliegen, werde natürlich geprüft. Dazu stellt sie oft langwierige Recherchen an. Stolpersteine wollen an alle Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Sie werden dort gesetzt, wo die Menschen ihren letzten selbst gewählten Wohnsitz hatten. „Oft wurden die Menschen in so genannte Judenhäuser gesteckt, aber das war ja nicht selbst gewählt.“
Am Montag wird neben Oberbürgermeister Thomas Kufen und Hans Schippmann (Vorsitzender Historischer Verein) auch Susan Sanders bei der Zeremonie in der Turmstraße dabei sein. Sie ist eine Enkelin von Aron Leib und Klara Steuer, wohnt in den USA und hat die Initiative gestartet, damit ihre Großeltern nicht vergessen werden. Die Familie in den USA hat entschieden, für Dora, Berta und Taube keine Steine zu setzen, da sie den Großteil ihres Lebens in den USA verbracht haben. Seit 1996 werden bundesweit Stolpersteine verlegt. Es ist ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig. Jeder Stein kostet 120 Euro. Wer einen Stein spenden will, kann sich an Birgit Hartings ( 88 41 319) wenden. In Essen gibt es bisher gut 300 Stolpersteine.Bildunterschrift: Vor dem Haus Nr. 17 in der Turmstraße werden am kommenden Montag zwei Stolpersteine in die rote Pflasterung eingelassen. FOTO: DIETMAR MAUER |
WAZ, 16.11.2016 Ein Foto und die Geschichte bleiben
![]() WAZ / Essen-Süd,Mittwoch, 16.11.2016 Ein Foto und die Geschichte bleiben
Auf der Moorenstraße werden am Montag Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an den Rechtsanwalt Norbert Rosenberg, ein Kämpfer für Menschenrechte
Ein Passfoto ist das Einzige, was Hobbyhistoriker Sahin Aydin noch an materiellem Nachlass des 1955 verstorbenen Rechtsanwalts Norbert Nathan Israel Rosenberg auftreiben konnte. „Die Gestapo hat das gesamte Hab und Gut der Familie nach Belgien verkauft, darunter auch das Haus, das wenig später von den Bomben zerstört wurde“, erklärt Aydin, der etwas viel Wichtigeres retten möchte: Das Andenken an die bewegende Geschichte der Rosenbergs, die im Rüttenscheider Justizviertel an der Moorenstraße 36 zu Hause waren.
In Essen hatte sich Rosenberg bereits als Mitglied der Friedensgesellschaft gegen die Gewaltherrschaft eingesetzt. Den Nazis war er nicht zuletzt wegen seines Einsatzes zur Wiedergutmachung der Gräueltaten aus dem Ersten Weltkrieg ein Dorn im Auge. So engagierte sich Rosenberg für die Witwe des Revolutionärs und Bergmanns Alois Fulneczek , der 1919 einen bewaffneten Arbeiteraufstand auf der Zeche Prosper in Bottrop angeführt hatte. Nachdem man ihm noch am Tag seiner Verhaftung ermordet hatte, wurde Fulneczek in einem Massengrab verscharrt. Mit Unterstützung des Rechtsanwalts Rosenberg kämpfte die hinterbliebene Ehefrau schließlich erfolgreich für eine Umbettung ihres Ehemanns auf einen Friedhof. „Rosenberg war für viele Geschädigte in Wiedergutmachungs-Angelegenheiten tätig“, weiß der ehemalige Bottroper Linken-Ratsherr Sahin Aydin, der über seine Recherchen zum Revolutionär auf den Essener Rechtsanwalt stieß – und akribisch forschte. Bis zur Deutschen Botschaft nach Uruguay führte ihn seine Suche nach Hinterbliebenen, die bislang jedoch ohne Erfolg blieb. „Ich habe zwei Enkel in Großbritannien und Japan angeschrieben, aber leider keine Antwort erhalten“, sagt Aydin. Besonders beeindruckt habe ihn das große Engagement, mit dem Rosenberg selbst nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch für seine Rechte und seine Rehabilitierung in Deutschland gekämpft habe. So kehrte er 1954 in seine Heimatstadt Essen zurück, um seine Zulassung als Anwalt und Notar zurück zu erlangen. „Obwohl er schon weit über 80 war, arbeitete er noch acht Monate als Rechtsanwalt. Er kämpfte vergeblich für eine Entschädigungszahlung, ehe er am 20. Mai 1955 in einem jüdischen Altersheim in Werden verstarb “, weiß Aydin, der die Geschichte der Familie Rosenberg in den nächsten Wochen in einer Broschüre veröffentlichen möchte. Das Projet ist in Kooperation mit der Deutschen Friedensgesellschaft in Essen entstanden. Die Stolpersteine an der Moorenstraße 36 werden am Montag, 21. November, um 16:30 Uhr verlegt. An fünf Stellen in der Stadt kommen am Montag 22 Stolpersteine hinzu: Auftakt ist an der Turmstraße 17 im Beisein von OB Thomas Kufen und Hans Schippmann vom Historischen Verein. Weitere Stationen sind die Weiglestraße am Durchgang Helbingstraße am Durchgang Helbingstraße, die Glashüttenstraße 13 und die Gemarkenstraße 51. Informationen zu allen Stolpersteinen auf www.hv-essen.deBildunterschrift:
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WAZ, 14.11.2016 Schüler erforschen NS-Schicksale
![]() WAZ / Essen,Montag, 14.11.2016 Schüler erforschen NS-Schicksale
Erstmals wird der Tod von Essener Bürgern, die von den Nazis in KZs umgebracht wurden, systematisch aufgearbeitet. Zwölf Biografien werden beleuchtet
Auf dem Parkfriedhof in Huttrop liegen 54 Gedenksteine, kreisrund angeordnet, sie erinnern an Essener Bürger, die von den Nazis in Konzentrationslagern umgebracht wurden. Es gibt genau drei solcher Anlagen im Stadtgebiet. Auf dem Parkfriedhof steht die größte, insgesamt wird somit an 85 Nazi-Opfer erinnert. Dabei war die Zahl der Essener, die in Konzentrationslagern ermordet wurden, viel höher. „Man schätzt, dass es sich um eine vierstellige Zahl handelt“, sagt Historiker Thomas Hammacher. Er hat das Projekt „Wenn nur noch Steine bleiben“ ins Leben gerufen: Oberstufenschüler der Gymnasien Viktoria und Unesco sollen systematisch die Lebenswege der Opfer erforschen, jenseits von Geburts- und Sterbedaten, und somit die Erinnerung an die Menschen wach halten. „Es geht vor allem um solche Bürger, die von den Nationalsozialisten bewusst ausgegrenzt und als ,Asoziale’ verschrien wurden“, berichtet Schüler Dominik Förster, der zum Viktoria-Gymnasium geht. „Auch Sinti und Roma sind bei unseren Forschungen dabei“, ergänzt Schülerin Hanna Jalal. „Von Sinti und Roma, die aus Essen abtransportiert wurden, gibt es zwar offizielle Listen“, berichtet Historiker Thomas Hammacher. „Aber unsere Forschungen haben bereits gezeigt, dass diese Listen unvollständig sind.“ Die Forschungsarbeiten der Schüler werden vom Haus der Geschichte, dem Stadtarchiv, unterstützt, sowie vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge begleitet. Im Haus der Geschichte erhielten die Schüler bereits eine Einführung in die Archiv-Recherche. Anfragen an Konzentrationslager wurden ebenfalls bereits per E-Mail gestellt. Am Ende soll eine völlig neue Art der lebendigen Dokumentation entstehen: Ein Online-Forum, das jederzeit ergänzt werden kann, und die Daten der Lebenswege bereithält, die die Nazi-Opfer gingen. Mit den ersten zwölf Biografien haben die Schüler bereits angefangen; im nächsten Frühjahr sollen erste Ergebnisse stehen. Denn dann macht ein Teil der Schüler-Gruppe Abitur, und diese Arbeit fließt in die Geschichts-Note mit ein. Zwar gibt es knapp 300 so genannter „Stolpersteine“ in Essen, quadratische Messingtafeln im Bürgersteig, sie erinnern an die Wohnorte von Nazi-Opfern. „Doch keines der Opfer, an das auf einem der Friedhöfe erinnert wird, hat bislang einen solchen Stolperstein“, betont Thomas Hammacher. Am Ende eines Projektzyklus’ soll eine Fahrt nach Ravensbrück stehen, dem KZ, in dem viele der Opfer umkamen.
Fünf Jahre soll Projekt andauern
Bildunterschrift: Die Schüler Sedef Dagtekin, Hana Jalal, Deniz Yildirim (alle Viktoria-Gymnasium), Kaja Lehnhoff, Emre Sarikaya (Unesco-Schule) und Dominik Förster (Viktoria) arbeiten Biografien von Nazi-Opfern auf. FOTO: ULRICH VON BORN |
2015
WAZ, 31.10.2015 Stolpersteine
![]() WAZ / Essen, Rubrik Kurz notiert,Samstag, 31.10.2015 Stolpersteine
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Weitere Informationen dazu gibt es auf unserer Seite
Aktionsseite zum 9. November 2015
WAZ, 31.08.2015 Auf der Spur der Stolpersteine
![]() WAZ / Essen,Montag, 31.08.2015 Auf der Spur der Stolpersteine
Exkursion mit der Volkshochschule
Wer das „Projekt Stolpersteine“ kennen lernen möchte, kann an der Exkursion der Volkshochschule teilnehmen, die am Samstag, 5. September, von 15 bis 17.30 Uhr, in Zusammenarbeit mit der „Stolperstein-Initiative Essen-Süd“ stattfinden wird. Der Rundgang folgt den Spuren ehemaliger jüdischer Nachbarn im Südviertel und erzählt die Geschichte ihres Lebens während des Nationalsozialismus. Darüber hinaus wird die Besonderheit von „Judenhäusern“ in den Wohnquartieren erläutert, über die bisher wenig bekannt ist. Die Teilnahmegebühr beträgt 8 Euro. Anmeldungen über www.vhs-essen.de (Kurs-Nr. 152.2A103F). |
WAZ/NRZ, 12.05.2015 Auf den Spuren ihrer Eltern
![]() WAZ/NRZ / Essen,Dienstag, 12.05.2015 Auf den Spuren ihrer Eltern
Zur Stolperstein-Verlegung für ihre Mutter kam Susanne Caspary aus Brasilien nach Essen. Und fand verborgene Puzzleteile ihrer Familiengeschichte
Sie hat von Kullerpfirsich in Sekt erzählt und von der Kur auf Helgoland. „Nur von ihrem Schicksal in Deutschland hat meine Mutter selten gesprochen“, sagt Susanne Caspary. Beim Besuch in Essen fand die 67-Jährige aus Sao Paulo nun neue Puzzleteile aus dem Leben ihrer Eltern, die 1938 vor den Nazis nach Brasilien fliehen mussten. Erst zwei Monate zuvor hatten Grete und Max Callmann in der Alten Synagoge in Essen geheiratet: Sie war erst 24 Jahre alt, Tochter des früheren Karstadt-Geschäftsführers Adolf Abraham Oppenheimer. Er war 20 Jahre älter, Kaufmann und bis 1933 ebenfalls Karstadt-Geschäftsführer. Einen Monat waren sie verheiratet, als in der Pogromnacht Synagogen und jüdische Geschäfte verwüstet und in Brand gesetzt, Juden vertrieben, verletzt und getötet wurden. Die NS-Schlägertrupps kamen auch in die Wohnung der Callmanns, wo die junge Ehefrau allein war: „Sie wusste nicht, wo das Geld war, und da haben sie alles kaputtgeschlagen“, erzählt Susanne Caspary. Was ihrer Mutter selbst damals zustieß, könne sie nur mutmaßen, aber es war so verstörend, dass das Ehepaar verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit suchte.
Susanne Caspary las von der Begebenheit am Bahnhof erst in einem Artikel, der 2008 erschien und in dem ihre betagte Mutter mehr über ihr Schicksal offenbarte. Thomaz Caspary, der ein inniges Verhältnis zu seiner Schwiegermutter hatte, schildert sie als bemerkenswerte Frau, die nie klagte. Schon als Tochter aus wohlhabendem Hause habe sie Zurückhaltung gelernt: In der Schule trug sie nicht die maßgeschneiderten Kleider aus Paris, sondern schlichte Kleidung aus dem väterlichen Kaufhaus. Und der Chauffeur des Vaters durfte sie nicht vor der Schule absetzen, sondern so, dass sie einen Block zu Fuß laufen musste. „Sie war ihr ganzes Leben so, dass sie ihre Güter nicht zeigte – und später zeigte sie auch ihre Gefühle nicht“, erzählt Thomaz Caspary. Als sie im Januar 1939 mit dem Schiff in Rio ankamen, waren die Callmanns unterernährt, fast mittellos und der Landessprache nicht mächtig. Ein Jahr lang teilten sie sich eine Pension in Rio mit Kakerlaken und Mäusen, dann bekam Max Callmann eine Arbeitsgenehmigung und zog mit seiner Frau nach Sao Paulo. Zeitweilig betrieb Max Callmann eine kleine Schokoladenfabrik, aber während Grete rasch Portugiesisch lernte, tat ihr Mann sich schwer mit Sprache und Beruf. Als seine Tochter Susanne nach Kriegsende zur Welt kam, war er 55 Jahre alt. Doch sie hat ihn als großes Kind in Erinnerung: „Das Klopapier hing am Bindfaden, und als wir einen richtigen Halter kaufen konnte, sagte er, das feiern wir!“ Ein Fest für den Klorollenhalter, ein Ringen um Leichtigkeit. So erlebte Susanne Caspary ihre Eltern – und doch haben sie ihr auch die Angst vererbt: „Wenn mein Vater fünf Minuten zu spät war, geriet meine Mutter in Panik. Sie wollte nie wieder einen geliebten Menschen verlieren! Und ich bin auch ein Angsthase geworden.“ Sie habe sich als Zahnärztin bei jedem älteren deutschen Patienten gefragt, ob der ein Nazi war; sie gebe sich zu Hause in Brasilianien als Katholikin aus – und sie habe ihre Mutter beschützen wollen und ihr von einem Besuch in Essen abgeraten. Susanne Caspary zögerte auch, jetzt zur Verlegung der Stolpersteine für ihre Familie nach Essen zu reisen. Ein Freund ermutigte sie: „Du musst zeigen, dass es Hitler nicht gelungen ist, die Juden zu vernichten.“ Sie ist auch gekommen, um ihre Großeltern zu ehren und ihre Mutter, die 2010 mit 96 Jahren gestorben ist: „Ich bin froh, dass ich durch die Straßen gelaufen bin, in denen sie einst spazieren ging.“
Initiative zeichnet jüdische Schicksale nach In der Broschüre „Stolpersteine in der Von-Einem-Straße und der Von-Seeckt-Straße“ erzählen die Autoren, wie sie den Kontakt zum Ehepaar Caspary herstellten, das kürzlich zur Verlegung von Stolpersteinen nach Essen kam. Susanne Caspary ist die Tochter von Grete Callmann, geb. Oppenheimer. Die jüdische Familie Oppenheimer lebte in Gladbeck, bevor sie an die Von-Einem-Straße 36 in Rüttenscheid zog. Adolf Abraham Oppenheimer war Karstadt-Geschäftsführer, mit seiner Frau Paula hatte er zwei Kinder: Walter und Grete. Letztere floh 1938 mit ihrem Ehemann Max Callmann nach Brasilien. Ermöglicht wurde diese Flucht durch Aracy Moebius de Carvalho, die im brasilianischen Konsulat in Hamburg arbeitete und viele deutsche Juden rettete, indem sie ihnen die Einreise nach Brasilien ermöglichte. 2008 wurde die mutige Botschaftsangehörige in einer brasilianischen Zeitschrift gewürdigt – und dazu auch Grete Callmann befragt. Diesen Artikel fand die Rüttenscheider Stolperstein-Initiative nun im Internet und wendete sich an die Journalistin. Es stellte sich heraus, dass Grete Callmann 2010 hochbetagt gestorben war. Ihre Tochter Susanne Caspary nahm die Einladung nach Essen an. wan / Kontakt: stolpersteine.essen<a>gmail.com![]() Bildunterschrift:
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WAZ/NRZ, 27.+28.04.2015 Wie Stolpersteine Geschichte lebendig werden lassen
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WAZ/NRZ, 24.04.2015 Wie Ella Baltz im Versteck überlebte
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Neue Stolpersteine sollen an das Schicksal einer jüdischen Familie aus Steele erinnern. Bei den Recherchen stießen Heimatforscher auch auf die Geschichte einer Tochter, die untertauchen konnte
Ella Baltz ist seit mehr als 30 Jahren tot, jetzt wurde ihre Geschichte wieder lebendig: Bei Recherchen zu den Juden aus Steele, die von den Nazis verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden, stießen Ingrid Niemann und ihr Mann Ludger Hüls-kemper-Niemann auf das ungewöhnliche Schicksal von Ella Baltz. Sie kam 1893 in Steele als Kind von Salomon und Regina Steilberger zur Welt. Die Großfamilie bewohnte das Haus am Grendtor 25 (damals Ruhrstraße); sie betrieb dort im Hof einen Eisenhandel und im Erdgeschoss ein Tabakgeschäft.
„Er war selbst in der NSDAP und soll seine Frau gewarnt haben, als im Herbst 1944 doch noch ihr Abtransport bevorstand“, schildert Ingrid Niemann. Ein Wink, der trotzdem sinnlos gewesen wäre, weil es für Juden zu diesem Zeitpunkt längst kein Entkommen aus Deutschland mehr gab. Doch Ella Baltz entkam, ohne das Land zu verlassen: Sie tauchte im kleinen Dorf Herkenrath (heute ein Stadtteil von Bergisch Gladbach) unter. Sie wurde dort von der Familie Hochkeppel bis zur Befreiung durch die Aliierten versteckt. Mit Wissen des Dorfpfarrers, dessen Sonntagsmesse sie zur Tarnung oft besucht haben soll. Die Hochkeppels, die damals ihr Leben riskierten, haben über ihren selbstlosen Einsatz später nie groß geredet. Ein Nachfahre schrieb dazu: „Ich denke, dass sie nicht von sich aus darüber reden wollten, weil beide sehr bescheiden waren, und keinen Dank von offizieller Seite haben wollten. Ihnen genügte es, richtig gehandelt zu haben.“ In der Wiedergutmachungsakte von Ella Baltz fanden die Niemanns aber ein Schriftstück, in dem Christian Hochkeppel 1948 bestätigt, dass sich Ella Baltz seit September 1944 „bei mir illegal aufgehalten hat“. Das Ehepaar Niemann, das bereits vor 20 Jahren die Schicksale jüdischer Familien aus Steele nachgezeichnet hat, war von dem Fall gefesselt – und fand tatsächlich noch eine Zeitzeugin: Eine Tochter der Hochkeppels, die heute 85 Jahre alt ist und in Köln lebt. Sie erzählte, wie der Vater ihr und ihrem Bruder damals einschärfte, nichts über den Gast der Familie preiszugeben: „Sonst hängen wir alle vier da am Baum“, habe er mit Blick auf eine Kastanie im Dorf gesagt. Zur Stolperstein-Verlegung kann die betagte Dame nicht anreisen, aber sie hat Ella Baltz noch einmal in Essen besucht, bevor diese 1949 mit ihrem Sohn in die USA emigrierte. Und sie hat den Niemanns das Bild von Ella und Alfred Baltz überlassen, das die beiden 1949 zeigt – vermutlich in der Gruga. iIngrid Niemann, Ludger Hüls-kemper Niemann: „Stolpersteine in Steele“, Info: www.steeler-archiv.de
Termine rund um die Stolperstein-Aktion
Spurensuche führte nach Sao Paulo Mit den Stolpersteinen wird der Toten gedacht – und die Nachfahren schreiben die Geschichte fort Von Christina Wandt Immer wieder sind sie Anlass zu Streit: Jene Stolpersteine, die der Künstler Gunter Demnig in über 500 deutschen Städten verlegt hat:Die Messingtafeln, die jeweils vor dem letzten selbst gewählten Wohnsitz in den Bürgersteig eingelassen werden, sollen an die Opfer des NS-Regimes erinnern. So trete man das Andenken mit Füßen, sagen Demnigs Gegner. Doch bei Stolperstein-Verlegungen geht es nicht nur um die Erinnerung an die Toten, sie setzen oft Gespräche mit Überlebenden und Nachfahren in Gang. Wie bewegend das sein kann, erleben gerade die Organisatoren der aktuellen Stolperstein-Verlegungen am kommenden Dienstag: Da findet sich in Steele die verborgene Geschichte einer unerwarteten Rettung (Text oben), da telefonieren die Aktivisten aus Rüttenscheid dieser Tage mit einer Brasilianerin, die fließend Deutsch spricht, obwohl sie das Land nie kennengelernt hat. Diese Susanne Caspary ist Tochter von Grete Callmann, geb. Oppenheimer. Und die jüdische Familie Oppenheimer lebte einst an der Von-Einem-Straße 36 in Rüttenscheid, auch an sie werden bald Stolpersteine erinnern. Grete Callmann und ihrem Ehemann Max gelang mit Hilfe einer brasilianischen Botschaftsangehörigen 1938 die Ausreise nach Sao Paulo. Wenn sie im Krieg Briefe aus Deutschland erhielt, zitterte sie so sehr, dass sie diese nicht lesen konnte: Ihre Eltern waren im Konzentrationslager, und sie wusste, dass eines Tages keine Briefe mehr kommen würden. Umso überraschender ist es, dass Grete Callmann „darauf Wert legte, dass ihre Tochter Susanne bis zum dritten Lebensjahr ausschließlich Deutsch sprach“, erzählt Melanie Rudolph von der Rüttenscheider Bürgerinitiative, die nicht nur diese Geschichte in der Broschüre „Stolpersteine in der Von-Einem-Straße und der Von-Seeckt-Straße in Essen-Süd“ erzählt. Ausfindig gemacht haben sie Susanne Caspary über einen brasilianischen Artikel, der die mutige Botschaftsmitarbeiterin würdigte. Am Ende einer langwierigen Suche sprachen sie per Bildtelefon (Skype) mit einander – auf Deutsch. Sie erfuhren, dass Susanne Caspary bereits überlegt hatte, nach Deutschland zu reisen; auf den Spuren ihrer Mutter, die 2011 hochbetagt gestorben war. Und so stiften Melanie Rudolph und ihre Mitstreiter nicht nur die Gedenktafeln, sondern laden das Ehepaar Caspary aus Sao Paulo ein: Kommende Woche werden die beiden Essens Vergangenheit und Gegenwart kennenlernen.Bildunterschrift:
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WAZ, 09.04.2015 Mit anderen Augen durch das Viertel
![]() WAZ / Essen-West,Donnerstag, 09.04.2015 Mit anderen Augen durch das Viertel
Bürgerinitiative „Stolpersteine in Essen-Süd“ beleuchtet in einer Broschüre das Schicksal von 25 Juden aus der Von-Seeckt- und Von-Einem-Straße
Rüttenscheid. Zwei Jahre intensiver Recherche liegen hinter der Bürgerinitiative „Stolpersteine in Essen-Süd“ (wir berichteten). „Ich gehe jetzt mit anderen Augen an den Adressen vorbei und habe das Gefühl, den Menschen, die dort gelebt haben, wirklich näher gekommen zu sein“, sagt Günter Hinken. Gemeinsam mit seinen Nachbarn Melanie Rudolph, Reinhard Völzke und Sabine Weiler hat der Historiker nun ein Heft heraus gebracht, das an die Geschichte der Juden in der Von-Einem- und Von-Seeckt-Straße erinnert. Nach dem erfolglosen Rückbenennungsversuch in Irmgard- und Ortrudstraße im Januar 2013 sei die jetzt erschienene Broschüre nicht zuletzt ein „Befriedungsakt, um die Erinnerungskultur in den Straßen wach zu halten“, sagt Hinken. Seit zwei Wochen werden die Broschüren, die in einer Auflage von 1500 Stück gedruckt wurden, an die Anwohner verteilt. „Wir kommen über das Heft oft mit Nachbarn ins Gespräch, die sich für die Geschichte der Menschen interessieren“, freut sich Hinken. Eine von ihnen erzählt vom Schicksal Julie Risses. Einer Hausfrau und Mutter zweier Kinder, die an der Ortrudstraße 7 ein gutbürgerliches Leben führt. Bis der Zweite Weltkrieg über sie hereinbricht. Fliegerbomben zerstören das Haus, die Familie zieht an die Leveringstraße nach Stadtwald um. Im Gegensatz zur Gestapo bleibt einer Nachbarin Julie Risses bis dato durch die Ehe verschleierte jüdische Identität nicht verborgen. Sie denunziert die damals 52-Jährige. Wenige Tage vor dem Einmarsch der US-Truppen wird Julie Risse am 6. April 1945 bei einer Massen-Exekution im Dortmunder Rombergpark erschossen. „Findet das furchtbare Verbrechen der Gestapo in Hörde eigentlich keine Sühne?“, schreibt der verzweifelte Witwer Emil Risse 17 Monate später an die Oberstaatsanwaltschaft Dortmund. Der in der Broschüre abgedruckte Brief lässt seine Leser auch 70 Jahre später ebenso hilflos wie seinen Verfasser zurück. Insgesamt 25 Schicksale aus den beiden Straßen hat die Bürgerinitiative akribisch aufgearbeitet. Sie zeigen auch, wie viele Familien zerstört wurden und wie sehr das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte bis heute nachwirkt. Zur Verlegung der Stolpersteine am Dienstag, 28. April, wird als Ehrengast Susanne Caspary mit ihrem Mann aus Brasilien erwartet. Sie ist die Tochter Grete Oppenheimers, die mit ihren Eltern Adolf und Paula an der Ortrudstraße 36 (heute Von-Einem-Straße) lebte. Adolf und Paula Oppenheimer wurden 1942 im Vernichtungslager Chełmno in Polen ermordet. Ihrer Tochter Grete gelang 1938 die Flucht nach Sao Paulo, wo sie 2010 verstarb. Günter Hinken: „Für Susanne Caspary, die ihre Großeltern nie kennenlernte, wird das eine sehr emotionale Reise. Wir sind unendlich dankbar, dass sie eingewilligt hat.“ Verlegung der Stolpersteine, Benefizkonzert und Fachvorträge Viele Veranstaltungen im Rahmen des Projekts Rüttenscheid. Die 25 Stolpersteine, die an die Opfer des Nationalsozialismus’ erinnern, werden am Dienstag, 28. April, verlegt. Beginn ist um 9 Uhr vor dem Haus an der Von-Einem-Straße 36. Neben Susanne Caspary wird dazu auch der Kölner Künstler Gunter Demnig erwartet, der das Projekt Stolpersteine initiiert hat. Mittlerweile erinnert das „Schwarmdenkmal“ in 500 Städten in Deutschlands an die oft vergessenen Menschen. Am gleichen Tag sollen auch in Steele 14 Stolpersteine verlegt werden. Ebenfalls am 28. April beginnt um 20 Uhr ein Benefizkonzert mit dem Rüttenscheider Duo Sago im Gemeindesaal der Reformationskirche an der Julienstraße 39. Dort erwarten die Besucher Chanson, Rezitation und Schauspiel. Karten kosten 29 Euro (inklusive Fingerfood) und können reserviert werden unter 8060 8801 oder im Internet auf www.sago-kultour.de. Die Erlöse fließen in das Stolperstein-Projekt, das komplett ehrenamtlich getragen wird. Auf diesem Weg sollen weitere Spenden zusammenkommen, um die Kosten in Höhe von 8000 Euro zu stemmen. Neben Privatleuten hat auch die Bezirksvertretung II das Projekt bereits unterstützt. Außerdem ist am Samstag, 2. Mai, für 15 Uhr eine Informationsveranstaltung im Chorforum an der Fischerstraße 2-4 geplant, die sich mit dem Thema Erinnerungskultur in Essen befasst. Als Referentin wird u.a. die Berliner Historikerin Dr. Petra T. Fritsche erwartet. „Putzpaten“ und Spender gesucht
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WAZ/NRZ, 23.02.2015 Engagement gegen das Vergessen
![]() WAZ/NRZ / Aus den Stadtteilen,Montag, 23.02.2015 Engagement gegen das Vergessen
An der Von-Seeckt-/Von-Einem Straße sollen 25 Stolpersteine an die Opfer des Nationalsozialmus erinnern. Auch Steeler Archiv arbeitet Geschichte weiter auf
Rüttenscheid/Steele. „Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“ – im Sinne dieses Talmud-Zitats sollen Ende April weitere Stolpersteine in Steele und in Rüttenscheid verlegt werden, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Für die 25 Stolpersteine an der Kreuzung Von-Seeckt-/Von-Einem-Straße setzt sich eine Bürgerinitiative aus Nachbarn ein, die sich im Zuge der Debatte um die Straßenumbenennung vor zwei Jahren zusammengefunden hat. „Wir haben in der historischen Auseinandersetzung mit den Straßennamen gelernt, dass Nationalsozialismus Alltag in unseren Straßen war. Mit den Stolpersteinen wollen wir an diese Zeit erinnern und die Opfer würdigen und ehren“, erklärt Reinhard Völzke von der Bürgerinitiative. Da es etwa zu dem Judenhaus, das bis zu einen Bombardement direkt an der Kreuzung Von-Seeckt-/Von-Einem-Straße stand, kaum Informationen gab, leisteten die Nachbarn umfassende Recherchearbeit. Zahlreiche Juden wurden bis zu ihrer Deportation in das Haus umgesiedelt. „Wir haben uns unter anderem Telefonbucheinträge aus den Jahren 1933 bis 1945 im Stadtarchiv angeschaut. Unterstützt wurden wir bei den Nachforschungen auch von der alten Synagoge und dem Landesarchiv in Düsseldorf, wo noch zahlreiche Gestapo-Akten einzusehen sind“, so Völzke. Der Bürgerinitiative gelang es, das Schicksal von 25 Juden aufzuarbeiten. Darunter auch das der Familie Oppenheimer. Während die Eltern von den Nationalsozialisten ermordet wurden, gelang ihrer Tochter Grete 1938 die Flucht nach Brasilien. Sie verstarb im Jahr 2011, wie mühevolle Nachforschungen ergaben, die die Bürgerinitiative nach Sao Paulo führten. Dort lebt bis heute die Tochter Grete Oppenheimers, Susanne Caspary. Sie wird mit ihrem Ehemann zur Verlegung der Stolpersteine am 28. April erwartet. „Für die Familie ist dieser Teil ihrer Geschichte unvergessen. Wir freuen uns sehr auf den Besuch“, so Völzke. Neben den Stolpersteinen möchte die Bürgerinitiative in einer Broschüre über die Juden in ihren Straßen berichten. „Sie soll an Nachbarn und vor allem an die Schulen in unserer Nachbarschaft verteilt werden“, erklärt Völzke.
Gleichwohl plant das Steeler Archiv aber zeitgleich mit der Verlegung im April die Veröffentlichung der dritten Auflage des Bandes „Stolpersteine in Essen-Steele“, so Arnd Hepprich vom Vorstand des Steeler Archivs: „Wir haben den Band überarbeitet und mit weiteren Abbildungen ergänzt – auch zu den neuen Stolpersteinen.“ Die sollen an mehreren Orten am Grendtor, Eickelkamp, Dreiringstraße und Alte Zeilen verlegt werden. In Essen erinnern 250 Stolpersteine
Bezirksvertreter um Unterstützung gebeten. Private Sponsoren gesucht Rüttenscheid. Während die Finanzierung für die Verlegung der Stolpersteine in Steele dank privater Spenden gesichert ist, benötigt die Bürgerinitiative „Stolpersteine in Essen-Süd“ noch Unterstützung. Darum haben die Nachbarn jetzt auch die Bezirksvertretung II gebeten. Die Stadtteilpolitiker entscheiden in ihrer Sitzung am 26. Februar über einen Zuschuss in Höhe von 1350 Euro, der in die Broschüre fließen soll, die über die einzelnen Schicksale der damaligen Bewohner informiert. Insgesamt seien für das gesamte Vorhaben inklusive der Verlegung der Stolpersteine 7500 Euro notwendig, so Reinhard Völzke. „Da wir eine rein private Initiative sind, freuen wir uns natürlich über Spenden, die unser Vorhaben sichern“, so Reinhard Völzke. Damit würde auch die Reise von Susanne Caspary und ihrem Mann unterstützt, die Essen für eine Woche besuchen wollen. Die Spenden laufen über das Konto des Historischen Vereins Essen bei der Sparkasse Essen, Stichwort „Stolpersteine Essen-Süd“, BIC: SPESDE3EXXX; IBAN: DE64 3605 0105 0000 3137 00 Bildunterschrift:
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2014
WAZ/NRZ, 10.09.2014 Ausgelöscht bis auf die Unterschrift
![]() WAZ/NRZ / Essen,Mittwoch, 10.09.2014 Ausgelöscht bis auf die Unterschrift
Während der NS-Zeit wurden Homosexuelle unterdrückt und ermordet, auch in Essen. Im KZ Dachau erinnert bald eine Tafel an drei Opfer aus dem Ruhrgebiet
Alfred Quaas war ein anerkanntes Mitglied der Gesellschaft. Er legte eine Karriere nach dem Muster „vom Tellerwäscher zum Millionär“ hin: er begann als Kellnerlehrling, wurde später Abendkellner, dann Serviermeister und schließlich 1940 Hotelgeschäftsführer des Hotels „Handelshof“ in Essen. Man kann also durchaus sagen, dass er erfolgreich war. Doch er war auch homosexuell. Als solcher hatte er wie viele andere im „Dritten Reich“ mit den Repressionen des Nazi-Regimes zu kämpfen. Am Dienstag, 28. Oktober 1941 setzte die Essener Polizei seinem Leben in Freiheit ein Ende. Er wurde wegen seiner Homosexualität verhaftet, am 5. Dezember des gleichen Jahres kam er ins Konzentrationslager Buchenwald. Dort wurde aus Alfred Quaas „Nummer 4752“. Er wurde als Mitglied der Strafkompanie zu schwerer körperlicher Arbeit gezwungen.
Die Gedenktafel, die am 15. September in Dachau angebracht wird, erinnert neben Quaas auch an Friedrich Wilhelm Erdmann aus Witten und Alfred Kremer aus Wuppertal, zwei andere Homosexuelle, die in Dachau starben. „Wenn Ende des Jahres der Stolperstein für Erdmann gelegt wird, wird an alle drei in ihren letzten Heimatorten erinnert“, erklärt Wenke. Deswegen habe man beschlossen, dass es nun Zeit sei, auch in Dachau an das Schicksal der drei Männer zu erinnern. Tatsächlich ist die Tafel die erste im ehemaligen Konzentrationslager, die an namentlich genannte homosexuelle Opfer von Dachau erinnert. Unterstützt wird das Projekt von den Städten, in denen die drei Männer lebten. Außerdem beteiligt sich Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz mit einer Patenschaft. „So eine Tafel ersetzt gewissermaßen den Grabstein“, sagt Jürgen Wenke. So wird in Zukunft auch mehr von Albert Quaas geblieben sein als nur eine Unterschrift.Bildunterschrift: Jürgen Wenke mit der Gedenktafel, auf der an die ermordeten Homosexuellen erinnert wird FOTO: SEBASTIAN KONOPKA |
WAZ/NRZ, 18.03.2014 Vortrag erinnert an Louis Schild
![]() WAZ/NRZ / Essen,Dienstag, 18.03.2014 Vortrag erinnert an Louis Schild
Schwul und jüdisch - Opfer in der NS-Zeit
Als schwuler Jude war Louis Schild, geboren 1880 in Dortmund, doppelt negativ betroffen von der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Weil ihm keine Straftat nach den damals geltenden Unrechtsgesetzen nachzuweisen war, konnte auch kein offizielles Strafverfahren gegen ihn eingeleitet werden. Dennoch inhaftierte ihn die Gestapo am 28. August 1935 und verschleppte ihn zwei Monate später in das Konzentrationslager Esterwegen, wo er bereits am 18. November 1935 starb. Schwule Männer gehören noch heute zu den lange Jahre verschwiegenen und oftmals vergessenen Opfern des Nationalsozialismus. Die Aids-Hilfe Essen ist Pate dieses Stolpersteins. Nach dem Vortrag ist Gelegenheit zu Fragen und Diskussion. Gäste sind herzlich willkommen.Bildunterschrift: Polizeifoto von Louis Schild, der kurze Zeit danach im KZ starb |
Einladung
- Siehe dazu auch hier die Einladung
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WAZ/NRZ, 24.02.2014 Sieben neue Stolpersteine
![]() WAZ/NRZ / Stadtteil,Montag, 24.2.2014 Sieben neue Stolpersteine
Der Kölner Künstler Gunter Demnig bringt die Messingtafeln am Freitag im Südviertel und in Altenessen an. Kurze Texte beschreiben des Leben und Schicksal der in der Nazi-Zeit ermordeten Menschen
Altenessen/Südviertel. Der Künstler Gunter Demnig bringt bald sieben weitere Stolpersteine nach Essen. Er wird diese am nächsten Freitag, 28. Februar, an sechs Stellen – vor einem Haus zwei – im Stadtgebiet verlegen. Die Stolpersteine – quadratische Messingtafeln mit der Fläche eines Pflastersteins – erinnern an Opfer der Naziherrschaft. Demnig bettet sie stets dort in den Gehweg ein, wo diese Menschen vor ihrer Deportation, ihrer Flucht oder ihrer Ermordung gewohnt haben. 244 Stolpersteine sind seit dem Mai 2004 in Essen verlegt.
Von dort begibt sich Gunter Demnig zur Isenbergstraße 3. Dort wohnten Magda und Max Frank. Als Juden waren beide zunehmend in Gefahr. Max Frank war 1939 nach Brüssel geflohen. 1939 war er auf dem Schiff „St. Louis“ mit ungefähr 900 anderen jüdischen Flüchtlingen. Dieses Schiff durfte mit seinen Passagieren nicht in den Hafen von Havanna einlaufen und kam nach Wochen zum Ursprungshafen Antwerpen zurück. Max Frank kam 1942 in das Sammellager Malines. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Seine Ehefrau Magda, geborene Neter, war 1939 nach Holland geflohen. Von dort kam sie 1943 nach Auschwitz, wo sie am 12. Februar 1943 ermordet wurde. Diese beiden Stolpersteine werden auf Wunsch des Sohnes Helmut Frank verlegt. Er wurde am 9. März 1923 geboren und lebt im Nelly-Sachs-Altersheim in Düsseldorf. Danach fährt Gunter Demnig nach Altenessen-Süd, um dort vier Stolpersteine zu verlegen. Für weitere Stolpersteine im Stadtteil hatte sich die Bezirksvertretung V ausgesprochen. In der Rahmstraße 141 wird ein Stolperstein für Julius Warmann verlegt. Er war am 4. Juli 1932 von Mitgliedern der SA erstochen worden. Diese Mordtat hatte die Polizei nicht untersucht, die Täter nie ermittelt. „Dieser Mord zeigt, dass in Essen schon vor der sogenannten Machtergreifung vom 30. Januar 1933 der Rechtsstaat zum Teil nicht mehr vorhanden war“, blickt Koerner zurück. Die nächste Station ist die Vogelheimer Straße 50. Dort wohnte Peter Balnus. Als Soldat der Wehrmacht kam er 1943 wegen kritischer Äußerungen vor ein Feldgericht. Wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ wurde er am 26. Februar 1943 zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Strafe wurde am 18. September 1943 ausgesetzt. Gleichzeitig wurde er einer Strafkompanie zugeteilt. Diese Strafkompanie bestand ausschließlich aus Soldaten, die aus ähnlichen Gründen straffällig geworden waren. Ohne Waffen wurden sie zwischen den feindlichen Linien zu Stellungsbauarbeiten eingesetzt. Peter Balnus starb dabei am 13. Februar 1945. Pate dieses Stolpersteins ist Norbert Köring aus Altenessen-Süd. Die nächste Adresse ist der Feldmannhof 2. In diesem Haus wohnte Franz Kraus. Ihm wurde 1941 Wehrdienstsabotage vorgeworfen. Der genaue Sachverhalt lässt sich nicht mehr ermitteln. Jedenfalls wurde er in das Konzentrationslager Natzweiler eingewiesen, wo er am 12. Januar 1942 starb. Er war gerade 23 Jahre alt. Die letzte Station für Gunter Demnig ist die Großenbruchstraße 30. Dort wohnte Hermann Hammacher. Er war Essener Chefredakteur der SPD-Zeitung „Volkswacht“ und Essener Führer des Reichsbanners – ein überparteiliches, in der Hauptsache sozialdemokratisches Bündnis zur Verteidigung der demokratischen Weimarer Republik gegen seine Feinde. Am Tag der Kommunalwahl am 12. März 1933 war er von dem NS-Regime willkürlich in ,Schutzhaft’ genommen worden. Nach der Entlassung im Mai 1933 hielt er sich einige Zeit in Essen verborgen und floh später in die Niederlande. „Als die deutschen Truppen 1940 einmarschiert waren, setzte er seinem Leben selbst ein Ende, um nicht in die Hände der Nazis zu fallen“, ermittelte Andreas Koerner. Auszüge aus den Texten der sieben Stolpersteine
Bei ihm laufen die Fäden zusammen Borbecker Andreas Koerner organisiert das Verlegen der Tafeln Andreas Koerner ist Organisator der Aktion „Stolpersteine“ in Essen. Bei ihm laufen die Fäden für die Erinnerungstafeln zusammen, die der Künstler Gunter Demnig dann in Tagesschichten an verschiedenen Stellen in die Gehwege der Stadt einbettet. Am Freitag haben beide ihren nächsten Arbeitstag. Zuvor hat Andreas Koerner die Vorschläge ausgewertet, für welche Personen noch Stolpersteine in Essen zementiert werden sollen. „Mich sprechen Privatpersonen, Vereine oder Familienangehörige an“ erläutert Andreas Koerner. Danach beginnt er in den Archiven zu forschen, um die Daten für die Lebenswege der oft ermordeten zusammenzutragen. „Bei einigen Personen bekomme ich auch Hilfe von den Angehörigen. Bei Unbekannteren ist es oft unmöglich, die Todesdaten und Umstände herauszufinden“, fügt Koerner an. Als Mitglied mehrerer Historischer Vereine in Essen kennt er viele Quellen. Am Ende dieses Forschens stehen der Verlegeplan und die Genehmigungen für die Stolpersteine.Bildunterschrift:
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06.12.2011 Podiumsdiskussion: Neue Stolpersteine
23.07.2011: Borbecker Stolpersteine
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